Wohnhaft: Felsegg, Jaun

Verheiratet mit Rosmarie, geb. Julmy

Vater von: Jeanine, Felix jun.

Sohn des Athanas

Alter: 50 Jahre

 

Wie kamst Du zum Sport?

Ich habe in Othmarsingen die Lehre als Maurer gemacht. In jener Zeit ging ich viel mit „Bühú Tönú“ klettern.

Warum bist Du vom klettern umgestiegen zu Ausdauersportarten?

Das klettern hatte in jener Zeit den Ruf, gefährlich zu sein. So kam ich dann langsam aber sicher zu den Läufen. Angefangen habe ich mit dem Berglauf, dann trieb mich der Ehrgeiz immer weiter.

Was reizt Dich an einem Marathon, der mehrere Tage dauert?

Die Limite suchen. Ich will sehen, wo die Grenze ist. Spüren, wie weit ich noch gehen kann. Da ich über die Jahre immer stärker wurde, versetzte sich die Grenze dementsprechend.

Wie mobilisierst Du Deine Kräfte während eines Rennens?

„Dr Grind macht viú“. Natürlich trainiere ich für einen Lauf. Die Form ist also da. Wenn dies nicht der Fall ist, brauchst Du gar nicht zu starten. Während des Rennens ist es der Ehrgeiz, die anderen hinter mir zu lassen. Ich gehe immer, um zu gewinnen. Auf meinem Niveau hat der Spruch „Mitmachen kommt vor dem Rang“ keine Bedeutung mehr. Dann ist da noch das Bewusstsein, dass es denjenigen, die hinter mir sind, noch schlechter geht, denn sonst wären sie ja vor mir. Es ist also alles eine Frage der Einstellung. Natürlich kann es auch vorkommen, dass es aus gesundheitlichen Gründen nicht geht, oder man verletzt ist.

Wieviel Zeit brauchst Du fürs Training?

In der Zeit, als ich noch Spitzensport machte, waren es an die 280 – 300 km, das heisst etwa 30 Stunden im Monat. Heute komme ich mit drei Trainings pro Woche auf etwa 20 Stunden.

Hattest Du je einen Trainer? Wie wusstest Du, dass Dein Training richtig ist?

Einen Trainer hatte ich nie. Am Anfang habe ich mich immer umgehört, wie es die anderen machten, was Ihnen am meisten diente. Und dann lernst Du Deinen Körper kennen über die Jahre. Heute weiss ich genau, was ich brauche, was meinem Körper gut tut.

An wie vielen Rennen hast Du teilgenommen?

Unzählige. Die wichtigsten im Ausland waren im 85 in Hoggar, im 86 + 87 im Himalaya, im 88 China, im 90 der Kilimandscharo und im 98 der Marathon des sables in der Sahara. Im Inland habe ich 11 x Murten – Freiburg und 8 x Sierre – Zinal und 2 x den 100 km von Biel gemacht.

Welches war Dein schönster Sieg?

Der Marathon auf der chinesischen Mauer. Während 10 Tagen legten wir insgesamt 330 km zurück. Ich konnte jede Etappe gewinnen, und somit das Rennen von der Spitze aus kontrollieren. Auch von der Landschaft und vom Klima her hat es mir gut gefallen.

Zum Gasherbrum II. Welche Sportart hat Dir am meisten gedient für die Besteigung der 8035 Meter?

Keine im speziellen. Auch hier war alles Kopfarbeit. Natürlich muss die Kondition da sein. Zudem braucht es eine gehörige Portion Egoismus. Ab 7000m hilft Dir niemand mehr, da musst Du ganz allein für Dich die Entscheidung treffen, wie es weitergehen soll. Aber über gelingen oder nicht entscheiden auch viele andere Faktoren wie das Wetter, die Träger, das Geld, die Moral. Wir hatten einfach unheimlich Glück, dass alles geklappt hat.

Wie hast Du Dich vorbereitet?

Ich habe mein normales Training weitergeführt, ging aber oft am Freitag in der Nacht auf die „Gumbi“ oder auf’s „Chörbli“. Manchmal brauchte es schon Überwindung, mitten in der Nacht am Tea-Room vorbeizulaufen, wenn dort das grösste Fest am laufen war.

Was gab den Auslöser, diesen Berg zu besteigen?

Das war schon immer ein Traum von mir, hatte aber, als ich jünger war, nicht das Geld dazu. Ich hörte damals, dass eine Greyerzer-Expedition geplant war, und da wusste ich, dass der Moment gekommen war, dass dies meine Chance ist.

Was sagte Deine Familie dazu? Wie waren die Gefühle für Dich, Deine Familie zurückzulassen?

Meine Familie wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, wie gefährlich es war. Damals waren diese Expeditionen noch nicht überall im Fernsehen wie heute. Ich wusste durch meine früheren Aufenthalte im Himalaja schon, auf was ich mich eingelassen hatte. Obschon, ich habe das Risiko auch unterschätzt. Bevor ich ging, habe ich versucht, eine Lebensversicherung abzuschliessen. Das war jedoch nur möglich bis ins Basislager. Aber ich ging ja mit dem Ziel, ganz wieder nach Hause zu kommen.

Würdest Du noch einmal gehen?

Nein. Und wenn, dann um alle zu machen. Aber ich war da, habe 8000 Meter bestiegen. Eine Steigerung ist nicht möglich, es gibt ja keine 9000er.

Wie siehst Du die Zukunft der alpinen Läufe?

Vom Material her plädiere ich schon für die schwere Ausrüstung. Einem normalen Berggänger käme es doch nie in den Sinn, mit einem kleinen Dress und Langlaufskis in unseren Bergen herumzukurven. Man muss die Natur respektieren. Die fairste Lösung für alle wäre es, wenn die Ausrüstung nach Gewicht festgelegt wird. Dann kann der einzelne Läufer selber bestimmen, wie er sein Material zusammen stellt.

Es wird nie ein Massensport sein. Das Niveau ist schlicht zu wenig hoch. Der Sport an sich hat schon Zukunft, die Rennen wohl aber nicht. Die Zuschauer sind meistens nur im Ziel zu finden. Es ist einfach nicht spektakulär genug.

Und die Patrouille des Glaciers?

Die kann nur stattfinden, wenn die Armee hilft. Ein Anlass in dieser Grössenordnung kostet etwa 1 Million Franken. Das wäre für eine private Organisation gar nie machbar.

Zum Stichwort Geld – wer bezahlt Dir eigentlich die Expeditionen und die Ausrüstungen?

Ich habe immer alles selber bezahlt. Auch die Rennen, das Startgeld étc. Manchmal gab es für die ersten Ränge ein wenig Geld, aber nie, dass es rentiert hätte.

Wie sehen die Projekte für die Zukunft aus?

Jetzt mache ich noch ein paar Läufe hier in der Gegend, höre aber langsam aber sicher auf. Ich bin nicht der Typ, der ewig hinter den Jungen herrennen will.

Dann hast Du mehr Zeit für Deine Lamas?

Sicher, es sind faszinierende Tiere. Vielleicht werde ich mit der Zeit mit ihnen etwas aufziehen.

Jedem das seine?

Jeder soll das machen, was ihm am besten zusagt. In sportlicher Hinsicht ist es auch so: Man sollte nie sagen, dass dieser Sport mehr wert sei, als der andere – es sollte mehr Toleranz geben.

Mit wem soll es mit unserer Stafette weitergehen?

Ich würde gerne wissen, wie es Louis Jaggi heute so geht.

 

Felix, ich danke Dir für dieses interessante Gespräch.                         sr

 

Felix am „Marathon des sables“ in der Sahara, 1998